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Yoga oder Atemtherapie? Eine Reise von Ost nach West


Nathalie Meyer bewegt erklärt den Unterschied von Yoga und Atemtherapie
Vergangenen Sonntag war ich wieder mal zu Besuch in einer Yoga Lektion und zwar beim einjährigen Jubiläum von Karuna Yoga. Da wir bald einen gemeinsamen Workshop geplant haben, ging mir die Frage durch den Kopf, wie wir die Atemtherapie mit der Yoga Praxis am besten verbinden und wo eigentlich die Unterschiede liegen.

Die Atmung spielt auch im Yoga eine besondere Rolle. Doch wann soll man nun ins Yoga und wann in die Atemtherapie?


Atemtherapie ist Yoga in bequem?

Am Morgen noch habe ich mit einer Atemtherapeutin-Kollegin telefoniert und sie hat beantwortete die Frage wie folgt:

"Yoga ist ja eigentlich ein Teil von Atemtherapie. Wir machen gleiche Übungen, einfach machen wir die unbequemen Positionen nicht."

Kann, muss aber nicht sein. Je nach den Bedürfnissen der Teilnehmer gibt es zumindest bei meinen Lektionen auch Dehnungen, Widerstands- oder Herzkreislaufübungen, bei denen der Körper und die Atmung gefordert werden. Oft haben wir das Ziel, mehr Raum zu schaffen, zu mobilisieren, zu stärken und Bewegung in "verhockte" Strukturen zu bringen. Dazu nehme ich Übungen aus dem Yoga und auch Fitnessbereich zur Hand, bei denen z.B. die Atmung zunächst etwas weniger Platz hat und die Teilnehmer aktiv oder auch reflektorisch (automatisch als Reflex) die Atmung dadurch verstärken. Aber auch Abgrenzungsübungen und Kontaktübungen sind nicht immer gleich angenehm; jedoch lernt man dabei sehr viel über sich selber und lernt in einem geschützten Rahmen mit verschiedenen Situationen besser umzugehen.

Von Ost nach West

Tatsächlich sind viele Elemente von der Atemtherapie und Yoga gleich. Kein Wunder, denn die Atemtherapie wurde ja auch aus den in der östlichen Kultur entstandenen Atem- und Bewegungsschulen wie Yoga, Zen-Praktiken, Qi Gong oder Tai-Chi, sowie im antiken Griechenland die Pneumaschulen entwickelt.

Auf dem Hintergrund östlicher Philosophiesysteme entwickelten z.B. Gustav Heyer, Wilhelm Reich und Cornelis Veening Grundlagen einer „ganzheitlich“ orientierten Atemarbeit. Der Arzt Johannes Ludwig Schmitt widmete sich während Jahrzehnten der praktischen Anwendung der Atemwissenschaft und Atemtherapie, welche die natürlichen Heilkräfte des Menschen anregt und entfaltet. Nach 1945 wurden die von den Pionieren der westlichen Atemheilkunde gelegten Fundamente von zahlreichen Schülern und Schülerinnen mit unterschiedlichen Akzentsetzungen weiterentwickelt und ausdifferenziert.

Und wo ist jetzt der Unterschied?

Aus meiner Erfahrung geht die Atemtherapie Gruppenpraxis noch individueller auf den einzelnen Teilnehmer ein, lässt mehr Interaktion zu und ist im Schnitt vielleicht sanfter. Da es jedoch stark auf den Stil und Lehrer ankommt, ist es recht schwierig zu sagen, wo es nun Unterschiede gibt. Vergleicht man Atemtherapie mit z.B. Power Yoga ist zum Beispiel klar, dass letzteres viel actiongeladener und schnelllebiger ist. Bei AcroYoga hingegen ist die Interaktionskomponente natürlich grösser als in der Atemtherapie. Bei Yin Yoga hat man eher viel Zeit... Ein erfahrener Yogi, mag mir beim einen oder anderem vielleicht wiedersprechen und er oder sie könnte sicher noch viel mehr zu Yoga erzählen.

Wenn ich drei Punkte nennen müsste, welche Atemtherapie in der Gruppenpraxis speziell machen, wären es vielleicht diese:

1. Atemtherapie Gruppenpraxis ist nie "durchchoreografiert" und lassen Freiraum zum Experimentieren. Was passiert zum Beispiel wenn ich die gleiche Übung schneller, langsamer, weiter, bei Einatem oder Ausatem ausführe? Bei einem in vielen Yoga Stilen durchgeführten Flow gibt es direkt nach einer einzelnen Übung kaum bis keine Zeit, zum nachspüren. Dabei wäre es spannend zu erfahren, was, welche Übung bewirkt. Welche tun, wo genau, wie gut? In der Atemtherapie ist dies für die Körper- und Selbstwahrnehmung extrem wichtig.

2. In der Atemtherapie gibt es auch kaum Übungen, bei denen z.B. der Atemrhythmus vorgegeben wird. Es geht darum, dem Atem und Körper sozusagen verschiedene Angebote zu machen, auf denen sie flexibel reagieren können. Die Atemtherapie umfasst ein individuelles Atemtraining. Die Atemübungen aus dem Yoga, sowie Atemübungen aus der westlichen Atemtherapie folgen fast immer dem Prinzip: Die Bewegung folgt dem Atem - nicht umgekehrt.

3. In der Atemgruppentherapie ist die soziale Interaktion vielleicht auch mit Berührungen möglich. Die Teilnehmer können so erfahren, wie sie auf äussere Umstände reagieren. Da der Atem den Berührungen folgt, ist dies eine sehr spannende Komponente.

So oder so: Am besten probiert man verschiedene Stile und Lehrer, ob Atemtherapie in der Gruppe oder Yoga, aus und entscheidet für sich, was einem am besten passt und vor allem gut tut!

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