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Was bringt Eisbaden?


Eisbaden

Im Spätherbst 2023 habe ich eine Weiterbildung besucht: Die Wim Hof Methode. Die dabei erlernte bewusste Hyperventilation hat mir weniger zugesagt, jedoch finde ich das Thema Eis- oder Kältebaden sehr spannend. In diesem Blogbeitrag erfährst du, was das Baden im kalten Wasser bringt.
 

Der Körper beginnt zu zittern, die Finger werden klamm, Muskeln versteifen sich und die Gliedmassen beginnen zu schmerzen. Kalte Temperaturen bedeuten grundsätzlich Stress für den Körper. Es heisst jedoch auch, regelmässiges Eisbaden könne das Immunsystem stärken und so vor Infekten schützen. Doch stimmt das?


Was passiert im Körper bei Kälte

Damit unsere Körperzellen und das Gewebe normal funktionieren ist gemäss dem MSD Manual eine Körpertemperatur von etwa 37 °C vorausgesetzt. Sobald die Kerntemperatur sinkt, arbeiten die meisten Organe auf Sparflamme. Besonders das Herz und das Gehirn arbeiten langsamer und stellen bei Temperaturen unter 28 °C ihre Funktion ganz ein, was bis zum Tod führen kann.


Bevor es so weit kommt, reagiert der Körper mit verschiedenen Schutzmechanismen, um zusätzlich Wärme zu produzieren. Ausgelöst werden diese Vorgänge durch empfindliche Kälterezeptoren in der Haut. Diese messen ständig, wie warm oder kalt es draussen ist. Beginnt der Körper zu frieren, stellt sich als erstes die Hühnerhaut ein, ein Überbleibsel aus Zeiten, als der Mensch noch ein Fell hatte, und durch die aufgestellten Haare die Körperwärme «festhielt». Als weiterer Schritt erzeugen die Muskeln durch schnelle Zitterbewegungen Wärme. Zusätzlich verengen sich die kleinen Blutgefässe in der Haut, damit mehr Blut in die lebenswichtigen Organe umgeleitet wird. Da die Haut dann aber mit weniger warmem Blut durchblutet wird, kühlen Körperpartien wie Finger, Zehen, Ohren und Nase schneller aus.


Was tun bei Erfrierungen und Unterkühlung

Zu den Kälteschäden gehören gemäss dem MSD Manual Erfrierungen und die Unterkühlung (Hypothermie). Bei den Erfrierungen wird zusätzlich unterschieden, ob es Gewebeschäden gibt (Erfrierung 2. und 3. Grades) oder nicht (dazu gehören Erfrierung 1. Grades, Frostbeulen sowie Fussbrand).


Die Anzeichen einer beginnenden Erfrierung kennen die meisten: der betroffene Hautbereich wird gefühllos, schwillt an, wird gerötet und es können sich bereits Blasen bilden. Zur Behandlung muss der betroffene Bereich aufgewärmt werden. Dabei kann es schmerzen und stark jucken. Dringt die Kälte weiter ins Gewebe vor und gefriert die Haut, verfärbt sie sich erst gelblich-weiss und schliesslich weissgrau. Gleichzeitig gehen alle Empfindungen für Kälte und Schmerzen verloren. Hat die Kälte Gewebe zerstört, bilden sich nach dem Erwärmen innerhalb von 24 bis 48 Stunden grosse Blasen, erst danach verfärben sich die Hautstellen schwarz.


Eine beginnende, ernsthafte Unterkühlung hingegen, macht sich in der Regel durch Schüttelfrost sowie kalte und blasse Haut bemerkbar. Ausserdem lässt die Konzentration nach. Bisweilen sind betroffene Personen auch verwirrt oder schläfrig. Wer auf einen unterkühlten Menschen trifft, sollte gemäss der Organisation Samariter Schweiz den Notruf wählen, den Betroffenen anschliessend an einen windstillen, zimmertemperierten Ort bringen und wenn möglich ein heisses Getränk verabreichen. Betroffene sollte man auf keinen Fall zu schnell, etwa durch Nähe zu einem Heizkörper, einem Feuer oder durch ein warmes Bad, aufwärmen.


Frauen frieren schneller als Männer

Jeder Mensch friert, sobald seine Körpertemperatur unter einen gewissen Punkt sinkt. Das individuelle Kälteempfinden wird dabei nicht nur durch Gewohnheiten beeinflusst, auch die Gene spielen eine grosse Rolle. So gehen Forscher davon aus, dass die Dichte und Verteilung der Kälterezeptoren in der Haut genetisch bedingt sind.


Laut Angela Schuh, Professorin für medizinische Klimatologie an der Ludwig Maximilians Universität in München, frieren Frauen zudem schneller als Männer. Dies liegt daran, dass Frauen einen angeregteren Stoffwechsel haben und dadurch auch mehr Wärme brauchen. Ausserdem essen sie im Schnitt zurückhaltender und weniger fettreich als Männer und produzieren dadurch weniger innere Wärme. Da Frauen eine im Verhältnis grössere Hautoberfläche haben, geben sie zudem mehr Wärme ab. Aufgrund der anderen Hautstruktur im Vergleich zu den wesentlich dickhäutigeren Männern, sitzen die Thermorezeptoren bei Frauen auch dichter an der Oberfläche. Bei Kältereizen schlagen jene deshalb schneller an.


Nund die Good News: Das Kälteempfinden kann trainiert werden

An Kälte kann man sich gewöhnen. Das hat Ende des 19. Jahrhunderts schon Pfarrer Sebastian Kneipp festgestellt. Seine Kneipp-Anwendungen verringern nachweislich die Kälteempfindlichkeit, wie es die Ärztin Claudia Haug mit ihrer Dissertation 2003 präsentierte.

Bei einem regelmässigen Kältetraining passt der Körper seinen Stoffwechsel sowie die Hautdurchblutung an und bildet mehr Unterhautfettgewebe. Insbesondere entsteht auch vermehrt braunes Fett im Körperinnern, das die körpereigene Wärmeproduktion ankurbelt. Schlussendlich wird auch die Körperkerntemperatur leicht justiert. Für all diese Anpassungen braucht es aber einen wiederkehrenden Kältereiz. Es ist wie beim Krafttraining: Regelmässigkeit ist das A und O. Ein einmaliges Eisbad im See bringt wenig und sollte nur mit Vorsicht und beim ersten Mal am besten einer Anleitung durchgeführt werden. Gerade Personen mit Herzkreislauf-Beschwerden und einem hohen Blutdruck sollten vor dem Eisbaden mit dem Arzt abklären, ob es möglich ist.


Frieren für die Gesundheit?

Dass Kälte tatsächlich eine positive Wirkung auf den allgemeinen Gesundheitszustand hat, zeigen vereinzelte Studien. So soll Frieren auch den Kreislauf stabilisieren und das Immunsystem anregen. Gemäss der Zeitschrift für Komplementärmedizin belegen Studien die Wirksamkeit der Wassertherapie nach Kneipp bei Indikationen wie chronisch-venöser Insuffizienz, Hypertonie, leichter Herzinsuffizienz, menopausalen Beschwerden und Schlafstörungen. Eisbaden soll zudem die Stressresistenz und die emotionale Stabilität stärken.


Kalte Temperaturen sollen zudem bei Verletzungen helfen. Der Grund wird in einem Bericht der Medbase-Apotheken wie folgt beschrieben: Die Behandlung mit Kälte führt zu einer Verengung der Blutgefässe. Dies vermindert den Zellstoffwechsel, bekämpft eine vorhandene oder entstehende Gewebsentzündung und reduziert Schwellungen. Die Nerven- und Schmerzrezeptoren werden zudem träge, wodurch wiederum das Schmerzempfinden verringert wird.


Auch im Sportbereich scheint die Kältetherapie interessant zu sein. Der Kältetherapieanbieter Polarior verweist auf eine kleinangelegte Studie, in der belegt wurde, dass die Ganzkörperkälteapplikation bei minus 110° C die Wettkampfnahe Ausdauerleistung steigert. Und auch gemäss einer in der Ärzte Zeitung publizierten Untersuchung mit Sportlern soll das Eisbaden Sportlern helfen. Die optimale Wirkung wird beim Eintauchen von 11 – 15 Minuten und einer Wassertemperatur von 11° – 15° C erzielt. Die Befunde sind jedoch undeutlich; denn je nach untersuchter Sportart sind die Ergebnisse widersprüchlich. Bei manchen trat sogar ein verminderter Trainingseffekt auf.


Auch Dr. phil. Oliver Faude vom Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Basel rät im Ärzteblatt zu einer Periodisierung der Kälteanwendung als Regenerationsmassnahme: «Bei Turnieren wie der Fussball-Europameisterschaft mit vielen aufeinanderfolgenden Spielen, können Kälteanwendungen wie die Kaltwasserimmersionsbäder tatsächlich hinsichtlich der Schnelligkeit etwas bringen. Während intensiver Trainingsphasen solle man jedoch aufgrund der verminderten Trainingseffekte mit der Kälteanwendung zurückhaltend sein.»


Es muss angemerkt werden, dass die Studienlage zu Kältetherapien insgesamt unzureichend ist. Die meisten Studien fokussieren sich auf die positiven Effekte und sind eher klein angelegt. Nebenwirkungen oder langfristige Folgen werden nur selten untersucht. Gemäss der Sportärzte Zeitung basiert die Grundlage zur Anwendung der Kältetherapie nach wie vor primär auf Erfahrungswissen und nur sekundär auf der Basis wissenschaftlicher Nachweise - und dies, obwohl sich die praktische Anwendung der Kältetherapie, sei es bei Verletzungen wie auch fürs Regenerations­managements sowie zur Leistungssteigerung im Sport, etabliert hat.


Probieren geht über studieren

Derzeit lese ich gerade das Buch «Die Heilkraft der Kälte» und wage mich immer mal wieder in den kalten Pfäffikersee oder dusche kalt. Sofern meine Selbstversuche gelingen, plane ich ab spätestens Herbst 2024 Gruppenkurse anzubieten.

 

Bereits ab sofort kannst du mit mir im Rahmen eines Personal Trainings oder einer Atemtherapie lernen und erleben, wie das Eisbaden am besten funktioniert. Kontaktier mich, wenn es dich interessiert. 

 

Quellen:

·        MSD Manual

·        Reportagemagazin Geo

·        Spiegel, 2019

·        Zeitschrift für Komplementärmedizin 2022

·        Sportärzte Zeitung, 2020

·        Ärzteblatt, 2013

·        Medbase-Apotheken

·        Sanitas Magazin

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